28.06.2018 08:00

Fasten: Der Teller ist voll

«Fasten war für mich nicht komplett Neuland: seit Jahren verzichte ich während der Fastenzeit auf Süsses, Alkohol, Chips etc. Ich habe schon einmal ganz gefastet, drei, vier Tage lang nur Suppe und Saft zu mir genommen. Allerdings habe ich damals alleine gefastet und daneben gearbeitet, das war etwas schwierig. Rückblickend hätte mir etwas mehr Ruhe dabei gutgetan.
In den letzten Monaten wurde bei mir immer mehr das Thema «Mass halten» aktuell, und so entschloss ich mich zu einer Fastenwoche im Lassalle-Haus. Einige Tage vor Kursbeginn ging es bereits mit den Entlastungstagen los, in denen man sukzessive etwas von der Ernährungspyramide weglässt. Ich hatte es schon mehrfach gehört, und jetzt habe ich es am eigenen Leib erfahren: für einen «Kaffeeonkel» wie mich ist der Verzicht auf Kaffee hart. Am ersten Tag hatte ich mit Kopfschmerzen zu kämpfen, an den darauffolgenden Tagen mit diversen «Gelüsten» genau auf die Lebensmittel, die ich weglassen sollte. Nach zwei, drei Tagen waren dann die Kopfschmerzen und die Essenslust kein Thema mehr. Die Entlastungstage sind eine gute Hinführung auf den grossen Verzicht.»

Energie im Überschuss

«Das bittere Glaubersalz, das wir am ersten Tag bekamen, machte einigen Teilnehmenden Sorgen – aber da ich im Frühling vom Akupunktur-Arzt einen viel bittereren Tee bekommen hatte, war es für mich kein Thema. Es ist während dem Fasten wichtig, dass der Darm ganz leer ist, so kommt auch kein Hungergefühl auf. Was mich erstaunte, war der ganz andere Schlafrhythmus: Ich war meistens bereits um 4:30 Uhr wach und voller Tatendrang. Wir haben in dieser Woche richtig gespürt, wieviel Energie die Verdauung benötigt. Diese Energie war nun im Überschuss vorhanden. Das habe ich bei der täglichen Wanderung gemerkt – ich habe immer gedacht, wenn ich nichts esse, habe ich auch keine Kraft. Dabei ging es erstaunlich gut, jeden Tag waren wir etwas länger unterwegs, bei jedem Wetter. Das gemeinsame unterwegs sein im Schweigen, mit allen Sinnen offen, die Natur um uns wahrnehmen, den eigenen Körper spüren, das hat mich wahnsinnig motiviert.»

Glücksmomente in der Gruppe

«Hilfreich war die Rhythmisierung des Tages, der strukturierte Ablauf mit achtsamem Gehen, Meditation, Tee, Leibesübungen, Impulsen zu gesundheitlichen und sozialen Themen, einer Wanderung, der Messe am Abend… Es war eine Struktur, die uns in der Gruppe getragen hat.
Überhaupt, die Gruppe: den meisten ging es vom ersten Tag an gut, in der täglichen Austauschrunde teilten wir die Glücksmomente, die uns das Fasten beschert hatte. Die restliche Zeit waren wir im Schweigen – aber wir wurden auch ohne Worte berührt, auf einer anderen Ebene als der verbalen. Wir sahen auf den ersten Blick, ob es jemand gerade schwer hatte oder ober er beglückt durch den Tag ging.»

Fasten schärft die Sinne

«Morgens beim Gehen leiteten uns die Kursleiterinnen an, uns auf jeweils einen Sinn zu konzentrieren: Riechen, Sehen, Hören… das erlebten wir alle sehr intensiv. Uns wurde bewusst, wie sehr wir im Alltag durch die Welt hetzen – ich war sehr dankbar für diese Erfahrung. Auch habe ich noch nie so lange an einer Suppe gelabt wie jeweils am Mittag. Löffel für Löffel habe ich sie ausgekostet, ein sehr intensives Erlebnis.
Es ist auch etwas Besonderes, ein einem Haus der Stille zu fasten: die drei täglichen Meditationszeiten halfen mir, zur Ruhe zu kommen, ich fühlte mich geerdet und gleichzeitig offen für die spirituelle Ebene.»

Grosse Dankbarkeit

«Mein Fazit: beim Fasten ist der Teller leer, aber dennoch ist er voll, weil das Bewusstsein geschärft ist, alle Sinne aktiviert und wir viel durchlässiger sind. Die Tiefe, die man bekommt, wiegt den Verzicht mehr als auf. Diese Tiefe habe ich auch in der Meditation gespürt. Die Emotionen waren stärker, durch die grosse Achtsamkeit nahmen wir einander ganz anders wahr.
In dieser Woche habe ich die Dankbarkeit als meine eigene spirituelle Quelle entdeckt. Dankbarkeit war auch in der Gruppe ein Thema. Wir waren dankbar für diese besonderen Erfahrungen, die wir machen durften. Das äusserte sich auch in den Gesten: am Anfang und am Ende der Meditation verneigen wir uns jeweils. Während der Woche wurde aus dem Ritual eine bewusste Geste, und die Verbeugung ging immer tiefer, als Zeichen der grossen Dankbarkeit, die wir alle spürten.»

Anton H., Juni 2018

 

Fasten im Lassalle-Haus

Lassalle-Herbstfasten
30.9. - 7.10.2018, Kursleitung Noa Zenger, Andrea Chiappa
Details und Anmeldung

Lassalle-Herbstfasten
7.-14.10.2018, Kursleitung Noa Zenger, Dorothea Loosli-Amstutz
Details und Anmeldung

 

 

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